DFB und DFL haben – ohne Beteiligung der VDV – einen neuen Muster-Fördervertrag für Junioren entworfen. "Wir Profis" sprach darüber mit VDVJustiziar Dr. Frank Rybak.

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Kritik am neuen Muster-Fördervertrag: Änderungen zum Nachteil der Spieler

Wir Profis: DFB und DFL haben den Muster-Fördervertrag für Juniorenspieler überarbeitet. Was sind die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bislang verwendeten Muster-Fördervertrag?

Dr. Frank Rybak: Der neue Muster-Fördervertrag zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die vertraglich geregelten Verpflichtungen des Spielers erweitert und präzisiert worden sind. Dabei hat man sich in vielerlei Hinsicht an dem seit Sommer 2016 gebräuchlichen neuen Musterarbeitsvertrag für Lizenzspieler orientiert und Regelungen aus diesem übernommen. Der neue Mustervertrag ist erheblich umfangreicher als der bisherige: Statt bislang zehn Seiten umfasst der neue Vertrag jetzt fünfzehn Seiten sowie zusätzlich eine Anlage zum Datenschutz. Eine Erweiterung der Verpflichtungen des Klubs sucht man allerdings vergeblich. Die VDV hatte die Tendenz zur immer weiteren Aufblähung der Vertragstexte bereits im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit der Einführung des neuen Musterarbeitsvertrages für Lizenzspieler kritisiert. Diese Kritik kann man in Zusammenhang mit dem Fördervertrag nur wiederholen. Es geht hier um minderjährige Spieler, die in vielen Fällen lediglich die statutarisch festgelegte Mindestvergütung von 250 Euro brutto im Monat erhalten, in manchen Fällen noch nicht einmal diese.

Wir Profis: Welche Punkte sind besonders hervorzuheben?

Dr. Frank Rybak: In den Bereichen Gesundheit und Krankheit einschließlich freier Arztwahl, Verhalten im Zusammenhang mit Sportwetten und Spielmanipulation sowie Datenschutz sind zum Teil vollständig, zum Teil im Wesentlichen die für Lizenzspieler nach dem Musterarbeitsvertrag für Lizenzspieler geltenden Regelungen übernommen worden. Auch die Regelung betreffend die Ausschlussfristen entspricht jetzt derjenigen des Musterarbeitsvertrages für Lizenzspieler. Die Bestimmungen des Musterarbeitsvertrages für Lizenzspieler zu Verhaltenspflichten des Spielers in der Öffentlichkeit, die insbesondere öffentliche Äußerungen betreffen, sind ebenfalls komplett übernommen worden. Weitreichende Änderungen hat es auch bei den Bestimmungen zu Vermarktung und Persönlichkeitsrechten gegeben. Damit unterliegt ein Juniorenspieler auf der Basis des neuen Muster-Fördervertrages jetzt weitgehend denselben rechtlichen Verpflichtungen wie ein Lizenzspieler.

Wir Profis: Was gilt hinsichtlich der Arbeitszeit?

Dr. Frank Rybak: Obwohl das Nachweisgesetz gesetzlich vorschreibt, dass die vereinbarte Arbeitszeit schriftlich niederzulegen ist, enthält auch der neue Muster-Fördervertrag keine Regelung betreffend die Arbeitszeit. Das ist ausgesprochen bedauerlich, da Junioren in der Regel noch zur Schule gehen oder eine Berufsausbildung absolvieren und deshalb genau wissen sollten, in welchem zeitlichen Umfang sie ihrem Klub zur Verfügung stehen müssen. Bei dieser Vertragsgestaltung kann allenfalls annäherungsweise durch Auslegung unter Berücksichtigung des vereinbarten Gehaltes ermittelt werden, wie viele Stunden der Spieler überhaupt arbeiten muss.

Wir Profis: Welche Änderungen gibt es bei den Verpflichtungen des Klubs?

Dr. Frank Rybak: Eine, und die zum Nachteil des Spielers! Während bisher der Klub bei auswärtigen Spielern verbindlich sicherzustellen hatte, dass eine Betreuung und Unterbringung, etwa in einem Internat oder bei Gasteltern, vorhanden ist, hat sich der Klub nach der neuen Fassung lediglich im Rahmen seiner Möglichkeiten und der bestehenden Kapazitäten um Betreuung und Unterbringung zu bemühen. Es wird jetzt ausdrücklich festgeschrieben, dass der Fördervertrag selbst keinen Anspruch des Spielers auf Unterbringung begründet und es hierzu eines gesonderten Vertrages über die Unterbringung des Spielers bedarf. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, reicht doch die vereinbarte Vergütung häufig nicht aus, eine Wohnung zu finanzieren. Hier wäre es wünschenswert gewesen, dass ein Anspruch des Spielers gegen den Klub auf Unterbringung oder alternativ auf Erstattung der anfallenden Fahrtkosten begründet wird.

Wir Profis: Gibt es auch Neuerungen bei den Regelungen betreffend die Laufzeit des Vertrages?

Dr. Frank Rybak: Leider ist der für viele Spieler und Eltern so wichtige Hinweis, dass die maximale Laufzeit eines Vertrages für Spieler unter 18 Jahren drei Jahre beträgt, in der neuen Fassung nicht mehr enthalten. Dies bleibt dennoch stets zu beachten. Neu aufgenommen wurde ein Hinweis, in welchen Konstellationen und Altersklassen der Abschluss eines Fördervertrages überhaupt möglich ist. Grundsätzlich können Förderverträge im Bereich der Leistungszentren der vier höchsten Spielklassen und der Junioren-Bundesliga ab dem 1. Januar des Kalenderjahres, in dem der Spieler in die U 16 wechselt, abgeschlossen werden; mit Spielern, die mindestens seit der U 14 für ihren Klub spielberechtigt sind, können Förderverträge sogar bereits ab dem 1. Juli des Kalenderjahres, in dem der Spieler in die U 15 wechselt, abgeschlossen werden. Neu aufgenommen wurde auch ein Sonderkündigungsrecht des Spielers für den Fall, dass die Anerkennung des Leistungszentrums des Klubs widerrufen wird, weil der Klub die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht mehr erfüllt: In diesem Fall ist der Spieler berechtigt, den Fördervertrag innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von dem Widerruf fristlos zu kündigen. Diese Neuerung ist sehr zu begrüßen.

Wir Profis: Wir sprachen bereits über die maximale Vertragsdauer von drei Jahren bei Spielern unter 18 Jahren. Können mit minderjährigen Spielern Verlängerungsoptionen vereinbart werden?

Dr. Frank Rybak: Die maximale Vertragslaufzeit von drei Jahren für Spieler unter 18 Jahren ist in Artikel 18 Abs. 2 des FIFA-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern einschränkungslos festgeschrieben. Diese Bestimmung ist auf nationaler Ebene verbindlich und von den nationalen Fußballverbänden ohne jegliche Änderung in ihr Verbandsreglement zu integrieren. Dem ist der DFB in § 22 seiner Spielordnung nachgekommen, diese Regelung gilt auch im Bereich der DFL. Der neue Muster-Fördervertrag enthält wie der bisherige optional eine sogenannte beidseitige Verlängerungsoption, wonach Klub und Spieler sich verpflichten, den Vertrag zu den bisherigen Bedingungen um eine individuell zu vereinbarende Zahl von Jahren fortzusetzen, falls die andere Partei dies wünscht und bis zu dem der Vertragsbeendigung vorausgehenden 30. April schriftlich erklärt, ob sie von der Option Gebrauch macht. In der alten Fassung war zudem noch der Hinweis enthalten, dass der Optionszeitraum maximal zwei Jahre betragen kann.

Ich halte eine beidseitige Verlängerungsoption bei Minderjährigen für eine klare Umgehung der verbindlichen Vorgabe des FIFA-Reglements, soweit Grundlaufzeit und Verlängerungszeitraum zusammen drei Jahre überschreiten. Das FIFA-Reglement verbietet mehr als dreijährige Vertragsbindungen bei Minderjährigen einschränkungslos. Gegen dieses Verbot wird auch dann verstoßen, wenn der Klub die Möglichkeit hat, den Vertrag einseitig und gegen den Willen des Spielers auf vier oder sogar fünf Jahre zu verlängern. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob ein Vertrag von vornherein auf vier oder fünf Jahre befristet ist oder der Klub diese Vertragsdauer unmittelbar nach Unterzeichnung des Fördervertrages durch Optionsausübung begründen kann. Daher sind bei Minderjährigen in diesen Konstellationen auch beidseitige Verlängerungsoptionen rechtswidrig. Einseitige Verlängerungsoptionen zu Gunsten des Klubs sind nach deutschem Recht und der Rechtsprechung der FIFA-Dispute Resolution Chamber ohnehin grundsätzlich unzulässig.

Wir Profis: Was sollten junge Spieler, die einen Fördervertrag abschließen wollen, vor allem beachten?

Dr. Frank Rybak: Wichtig ist vor allem, dass Vertragsdauer und Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Eine Vertragsdauer von mehr als zwei Jahren ist im Regelfall nicht zu empfehlen, um auf sportliche und schulische Entwicklungen flexibel reagieren zu können. Beidseitige Verlängerungsoptionen oder einseitige Verlängerungsoptionen zu Gunsten des Klubs sollten grundsätzlich nicht vereinbart werden. Eine Vertragsdauer von drei Jahren bietet sich nur an, wenn der Spieler allein von der Vergütung, die er aus dem Fördervertrag erhält, gut leben kann. Dies sind natürlich nur generelle Empfehlungen, selbstverständlich muss man jeden Einzelfall betrachten.

Die VDV erhält häufig Anfragen von jungen Spielern, die wissen möchten, ob sie aus einem langfristigen, in der Regel schlecht dotierten Vertrag aussteigen können. Das ist in vielen Fällen nicht möglich, es gibt aber auch etliche Fälle, in denen es gelingen kann. Die Erfahrung zeigt, dass es nicht selten zu formellen Fehlern, insbesondere im Zusammenhang mit der Registrierung, kommt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man auch die Wirksamkeit der Befristung problematisieren. Eine detaillierte juristische Prüfung ist in jedem Fall sinnvoll.

Hilfe für Jugendspieler
Jugendspieler können ab dem vollendeten 15. Lebensjahr beitragsfrei VDV-Mitglied werden und in diesem Zusammenhang ihre Förderverträge vor der Unterschrift kostenfrei von der VDV-Rechtsabteilung prüfen lassen.
Infos im Netz: www.spielergewerkschaft.de